33Geistesblitze

© The Heartfield Community of Heirs / VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Die Macht der Musik: John Heartfields »Lied der Heil-Armee« legt den Finger in die Wunde. Eine singende Gruppe Uniformierter, den Arm zum Hitlergruß erhoben: Das ist uns zutiefst unangenehm, der Liedtext tut sein übriges. Aber was bedeutet es, dass die Protagonisten dieses Bildes singen?

»Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.« Der bekannte Spruch scheint hier ad absurdum geführt. Doch kann Musik selbst böse sein? Welche Kraft haben Töne?

Schon bei dem mir so nahen Johann Sebastian Bach war Musik oft Mittel zum Zweck: In seinen Kantaten ging es Bach an erster Stelle um den Text, um eine Botschaft, die durch die Vertonung eindringlicher vermittelt werden sollte. Und wovon wir heute bei Bach profitieren, damit konfrontiert uns Heartfield bei diesem Motiv auf anderer Ebene:

Die verbindende Kraft der Musik kann sich ins Abgründige, Diabolische wandeln, wenn sie für die falschen Botschaften genutzt wird. So hat Kunst immer auch eine gesellschaftlich-politische Dimension. Wenn wir uns ihrer bewusst sind, kön­nen wir viel bewegen – und so Verantwortung übernehmen.

Foto: Marco Fischer

Christoph Drescher leitet seit 2004 die Thüringer Bachwochen; zuvor war er u.a. für das Kunstfest Weimar und die Jüdischen Kulturtage Berlin verantwortlich, seit 2024 ist er Managing Director der internationalen Konzertdirektion Schmid.