Zugegeben, nach meiner ersten Begegnung mit Werken John Heartfields im Schulunterricht Ende der 1970er landete er direkt in der Schublade Propaganda. Friedensverwöhnt hatte man die Nase voll von Anti-Krieg, von Erinnerungen an ein nicht selbst erlebtes Nazideutschland, die Nase voll von »Sozialismus ist der einzig richtige Weg«, die Nase voll von agitierenden Besserwissern.
Zugegeben, richtig gute Kunst ist für mich solche, die mich sinnlich erreicht, die nicht erklärt, sondern inspiriert, die Fragen stellt und nicht die Antwort (vor-)gibt.
Zugegeben, die Hoffnung, dass Gesellschaft aus Geschichte lernen kann, ist gestorben.
Zugegeben, wir leben wieder in einer Welt ohne Debattenkultur. Moralisierung macht selbst die Anständigen mundtot. Regulatorik nimmt uns die Wettbewerbsfähigkeit. Die Zeiten ändern sich.
Heiligt der Zweck die Mittel? Jetzt ist die Stunde der Schlauen, sonst übernehmen die Lauten. Ich wünsche mir mehr Vielfalt, weniger Gleichheit, mehr Vertrauen in Vernunft, mehr Freiheit, weniger Staat, weniger Ideologie, keine Denkverbote, mehr Glaube, Liebe, Hoffnung.
Zugegeben, einfach wird das nicht.
Stefan Lobenstein ist Präsident der Handwerkskammer Thüringen.